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Kastration

 

Während die Kastration einer Hündin für die meisten Hundebesitzer kein Problem darstellt, scheiden sich bei der Kastration des Rüden sehr oft die Geister. Die Argumente dagegen beruhen dabei aber vielfach auf Missverständnissen und Fehlinformationen. Auch Fachleute publizieren immer wieder sich widersprechende Thesen, wenn man diese Fachbeiträge nämlich genau liest, läuft die ganze Argumentation immer wieder darauf hinaus, dass die Kastration einerseits in bestimmten Fällen eine Problemlösung darstellt, andererseits aber keine Lösung für Erziehungsprobleme darstellt. Beides ist richtig. Vor allem aber der Umstand, dass die Kastration kein Erziehungsproblem löst. Sie ist aber ganz sicher dann eine Problemlösung, wenn ein Rüde immer wieder von anderen Rüden gemobbt und angegriffen wird oder wenn er seinerseits andere Rüden immer wieder mobbt und angreift.

Ich bin jedenfalls im Laufe meiner langjährigen Praxis als Hundecoach und Betreuer von einigen hundert Hunden zur Überzeugung gelangt, dass kastrierte Hunde glücklicher sind und dass daher jeder Hund, der nicht zur Zucht verwendet werden kann oder soll (und das ist jeder Hund ohne entsprechendes Ausstellungsergebnis) nach Rücksprache mit einem Tierarzt kastriert werden sollte. Dafür gibt es drei wesentliche Gründe:

  • Kastrierte Rüden sind weniger aggressiv zu Geschlechtsgenossen und werden auch nicht mehr von anderen Rüden gemobbt bzw. angegriffen.
  • Weibchen werden nicht mehr läufig und leiden auch nicht mehr unter Scheinträchtigkeit.
  • Rüden wie Weibchen haben ein deutlich geringeres Krebsrisiko (Uteruskrebs, Brustkrebs, Hodenkrebs). Bei Weibchen reduziert sich nach der Kastration (nach der ersten Läufigkeit) das Brustkrebsrisiko um 65%, bei einer Kastration vor der ersten Läufigkeit sogar um 95%. Bei 75% aller unkastrierten Rüden kommt es im Laufe des Lebens außerdem zu einer gutartigen Vergrößerung der Prostata (benigne Prostatahyper-plasie), die äußerst schmerzhaft sein und auch zu Prostatakrebs führen kann.

Das Verhalten des Hundes ändert sich durch die Kastration nur in jenen Bereichen, in denen seine Hormone wirksam werden. D.h.: Die hormonell bedingte Aggressivität lässt nach, der Sexualtrieb samt seinen unangenehmen Begleiterscheinungen, wie das ständige Markieren, oder das unkontrollierbare Abhauen verschwindet. Was bleibt, ist meist ein gelassener, spielfreudiger, freundlicher Hund.

Jenen, die glauben, dass sie ihrem Hund mit der Kastration „etwas“ wegnehmen, darf ich sagen, dass Hunde kein Sexleben haben, so wie wir, sondern lediglich ein Triebleben. Der Deckvorgang ist für den Rüden kein Spaß, sondern meist purer Stress und Schmerz. Und selbst wenn für den Hund Sex die reine Freude wäre – dürfte er? Je genauer man sich die Sache ansieht, umso klarer wird: Dem Hund wird durch die Kastration nichts genommen, was er haben könnte aber Sie schenken ihm mit der Kastration etwas sehr Wesentliches: Innere Ruhe und Gelassenheit. Das Argument mancher Tierärzte, dass ein besonders devoter Rüde nicht kastriert werden müsste, ist schlicht und einfach falsch! Gerade der devote Rüde sollte durch die Kastration vor Attacken anderer Rüden geschützt werden.

Da kastrierte Hunde ein ruhigeres Innenleben haben, verbrauchen sie auch weniger Energie und kommen mit etwa 25 % weniger Futter aus. Das bedeutet: Kastrierte Hunde werden nur dann fett, wenn man ihnen ihre gewohnte Futterration lässt. Also bitte nach der Kastration Futter reduzieren! Auf das Temperament oder das Wesen des Hundes hat die Kastration so gut wie keinen Einfluss. Kastrierte Rüden werden aber umgänglicher, weil der Hormonstress wegfällt. Ich habe bei den von mir betreuten Hunden nicht die geringste Veränderung des Temperaments nach der Kastration festgestellt.

Gibt es auch Nachteile oder Risiken? Ja, die gibt es: Aggressive Weibchen können nach der Kastration noch aggressiver werden und Rüden wie Weibchen können nach der Kastration inkontinent werden. Aber: Je früher kastriert wird, umso geringer das Risiko. Außerdem lässt sich Inkontinenz sehr gut medikamentös behandeln.

Rüden kann man auch chemisch kastrieren. Dabei wird der Testosteronspiegel durch eine Hormoninjektion oder durch eine chipgesteuerte Hormongabe heruntergefahren und der Hund verhält sich ähnlich wie nach einer Kastration. Das ist aber keine Dauerlösung und auch kein Ersatz für eine Kastration. Ich betrachte solche Maßnahmen eher als Test um herauszufinden, ob und wie sich das Verhalten des Hundes durch eine Kastration verändert.

Zusammenfassung: Wer seinen Hund – aus welchen Gründen auch immer – nicht kastrieren lässt, lässt ihn mit seinem hormonellen Stress allein: Mit seinem unkontrollierbaren Trieb, mit seinen Ängsten und Aggressionen und mit seinem ungestillten Leid. Lassen Sie Ihren Hund deshalb bitte kastrieren, wenn Sie ihn nicht zur Zucht verwenden können oder wollen. Die Kastration ist heute ein Routineeingriff mit einem minimalen Operationsrisiko. Die Heilung der Narbe erfolgt meist innerhalb weniger Tage. Die volle Wirkung der Kastration tritt zwar erst nach etwa drei bis vier Monaten ein, danach aber haben Sie einen gesunden, gelassenen Hund, der von anderen Hund nicht mehr als Rivale oder Gegner betrachtet wird, sondern als Spielkamerad. Und das ist ein guter Deal.

 

 

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